(Wie) trinken wir in Zukunft Kaffee?

Dass Kaffee einen ziemlich großen CO2-Fußabdruck hat, ist inzwischen wohl allen klar. Aber dass vor allem die beliebte Sorte Arabica von der Erderhitzung bedroht ist, war mir als Gelegenheits-Kaffeetrinkerin neu. Ein weiteres Problem, das mir nach wie vor Sorgen bereitet: Die Müllflut der To-Go-Becher. Doch für beide Probleme scheint es Hoffnung zu geben, und zwar in Form einer wiederentdeckten Kaffeesorte und eines neuen Verpackungsgesetzes…
Kaffee wird aufgrund der klimatischen Anforderungen rund um den Äquator angebaut. Die Pflanzen brauchen eine bestimmte Temperatur sowie jede Menge Wasser, um zu gedeihen: So hinterlässt jede Tasse einen Fußabdruck von etwa 140 l Wasser sowie 0,10 kg CO₂-Emissionen [i]. Allein der nach Deutschland importierte Kaffee beansprucht außerdem eine Fläche von 1,2 Millionen Hektar. Zum Vergleich: Diese Fläche ist fast so groß wie Schleswig-Holstein mit seinen 1,6 Millionen Hektar. Ein Teil des Kaffees wird wieder exportiert, ein Teil hier getrunken. Pro Kopf ergibt sich laut Umweltbundesamt durchschnittlich ein Flächenbedarf von 72 Quadratmetern allein für den Kaffeekonsum [ii].
Weitere Emissionen werden dadurch freigesetzt, dass Wälder gerodet werden, um die Anbauflächen für Kaffee auszuweiten [iii] und so der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Denn auch während der Pandemie nahm der Kaffeedurst weiter zu: Insgesamt wuchs der Kaffeemarkt 2020 um 1,5%. Das heißt: Im Durchschnitt hat jede*r 168 Liter Kaffee getrunken – also circa 20 Tassen mehr [iv].
Das ist ein Problem, denn der Klimawandel – den der Kaffeeanbau „befeuert“ – erschwert selbigen in Zukunft womöglich. Eine Forschungsgruppe des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung hat das am Beispiel Äthiopiens für verschiedene Szenarien errechnet. Bei ungebremstem Klimawandel wird die für den Anbau von Arabica geeignete Fläche bis 2090 schrumpfen, im schlimmsten Fall um 40% – die Fläche für Robusta-Bohnen wird aber wachsen [v].
Arabica-Bohnen werden nur in wenigen Regionen weltweit angebaut, unter anderem eben in Äthiopien. Die Pflanze gilt als besonders anfällig für die Veränderungen, die die Erderhitzung mit sich bringt. Ist es zu warm, steigt die Anfälligkeit für sogenannten Kaffeerost. Das ist ein Pilz, der zu kompletten Ernteausfällen führen kann.
Bisher findet man als häufigste Alternative zu Arabica-Kaffee der oben erwähnte Robusta-Kaffee, doch dieser gilt als „geschmacklich unterlegen“. Ich habe den Taste-Test gemacht und bin der Meinung, das ist auch eine Frage der Röstung. Der Robusta, den ich probiert habe, stammt aus der Rösterei „espresso tostino“ in Karlsruhe und hat mir sogar besser geschmeckt als so mancher 100% Arabica-Kaffee. Erdig, nussig bis schokoladig und damit genau so, wie ich meinen Kaffee mag (ich bin kein Fan von sauren Citrus- oder Beeren-Noten im Kaffee). Einen weiteren Pluspunkt gibt es für das Mehrwegsystem der Rösterei, das es erlaubt, nicht nur Dosen, sondern auch Tüten wieder befüllen zu lassen.
Eine weitere Entwicklung, die Hoffnung macht: Trotz Pandemie entdecke ich in immer mehr Cafés und Röstereien Mehrweg-Becher – so auch bei espresso tostino, deren to go-Verkauf erst kurz nach meinem Einkauf wieder anläuft. Das Recup-System gibt es laut Angabe des Anbieters inzwischen an mehr als 6.000 Ausgabestellen und auch die Karte des Anbieters Cup for Cup ist an einigen Standorten dicht besetzt.
Das ist wichtig, denn pro Jahr werden in Deutschland immer noch fast drei Milliarden Einwegbecher ver(sch)wendet [vi] – Tendenz seit der Pandemie: Vermutlich steigend. So auch bei Essen: Schon vor der Pandemie wurden in Deutschland jede Stunde rund 400.000 Einwegboxen weggeworfen – allein im Frühjahrs-Lockdown 2020 kamen laut Spiegel noch mal schätzungsweise 80.000 Menüschalen dazu [vii].
Das soll sich in Zukunft auch durch ein neues Gesetz ändern: Restaurants, Bistros und Cafés sollen ab 2023 dazu verpflichtet werden, auch Mehrwegbehälter anzubieten. Das heißt: Wer Coffee to go kauft, hat künftig immerhin die Wahl.
Die Mehrwegvariante darf dabei nicht teurer sein als das Produkt in der Einwegverpackung, Pfand sei aber erlaubt. Entsprechend müssen die Mehrwegbehälter auch von den Betrieben zurückgenommen werden. Eine Ausnahme soll es nur für kleine Betriebe wie Imbissbuden & Kioske geben. Diese müssen den Kund*innen aber ermöglichen, eigene Mehrwegbehälter zu befüllen [viii].
Dieses Verpackungsgesetz, über das nun im Bundestag abgestimmt werden soll, lehnen die Grünen laut Spiegel allerdings ab: Es reicht ihnen nicht weit genug. „Eine bloße Pflicht, Mehrwegalternativen parallel zu Einweglösungen anzubieten, wird absehbar ins Leere laufen“, heißt es in ihrem Antrag [ix].
Doch zurück zu den Bohnen! Nun hat sich scheinbar noch eine weitere Sorte aufgetan: Coffea Stenophylla. Forschende haben diese seit rund 100 Jahren fast vergessene Kaffeepflanze kürzlich wiederentdeckt. Es heißt, die Bohnen sollen ähnlich schmecken wie Arabica, seien jedoch weniger anspruchsvoll im Anbau [x]. Früher wurde die Kaffeesorte Coffea Stenophylla offenbar in vielen Ländern Westafrikas angebaut – seit den 1920er Jahren wurde die Sorte jedoch von den Arabica-Bohnen vom Markt verdrängt und der kommerzielle Anbau eingestellt [xi]. Ich bin gespannt, ob sie sich nun durchsetzt!
Übrigens: Auch Getreide-Kaffeesorten, z.B. aus Lupine, können eine Alternative sein…
[i] Lebensmittel: Ressourcenverbrauch und CO₂-Ausstoß (fix-our-planet.com)
[ii] Von der Welt auf den Teller: Kurzstudie zur globalen Umweltinanspruchnahme unseres Lebensmittelkonsums (umweltbundesamt.de)
[iii] Nachhaltiger Handel(n)?! (umweltbundesamt.de)
[iv] SR.de: Kaffeekonsum in Deutschland gestiegen
[v] Werden wir den Klimawandel im Kaffee schmecken? | MDR.DE
[vii] Plastikmüll: Grüne wollen Verbrauch von To-go-Bechern bis 2025 halbieren – DER SPIEGEL
[viii] Änderungen im Verpackungsgesetz | Bundesregierung;
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie im Verpackungsgesetz und in anderen Gesetzen | Gesetze und Verordnungen | BMU;
Mehrweg wird möglich im To-Go-Bereich | Pressemitteilung | BMU
[ix] Plastikmüll: Grüne wollen Verbrauch von To-go-Bechern bis 2025 halbieren – DER SPIEGEL
[x] Klimawandel: Coffea Stenophylla ist robuster und genauso lecker wie Arabica · Dlf Nova (deutschlandfunknova.de)
[xi] Coffea stenophylla: Comeback für eine alte klimawandelresistente Kaffeesorte? · Dlf Nova (deutschlandfunknova.de)